Freitag bis Montag, 20.12. bis 23.12.2024
Es sollte jetzt also zu den Erdbeerfröschchen gehen. Mal sehen was passiert.
Von der Hängematte im Punta Caracol ging es mit dem Boot gegen 11:15 Uhr nach Bocas Town - zirka 10 Minuten Fahrt mit dem schon erwähnten Captain Leonel. Und vom Anleger dann zu Fuß den einen Kilometer auf die andere Seite der "Stadt". Es begann zu regnen. Erst leicht, dann gerade noch erträglich. Immerhin waren es 29 oder vielleicht auch schon 32 Grad. Da ist Regen ok.
Ok wäre der Regen gewesen, wenn das Regencover meines Rucksacks dicht gewesen wäre. So die Hälfte der Klamotten im Rucksack hat was vom Regen aufgesaugt. Note to self: buy new rain cover.
Das Boot zum Red Frog Beach sollte erst um fünfzehnhundert gehen, ich warf erstmal 'nen Burrito zum Mittagessen ein und trieb mich etwas in der Stadt rum. T-Shirts kaufen, Kekse kaufen, Ticket für's Boot kaufen.
Den Rucksack hatte ich im Selina Bocas Town abgegeben. Die würden mich rüberbringen zum Selina Red Frog auf Isla Bastimentos.
Selina ist eine Kette ganz hipper Unterkünfte. Ihr wisst schon: Pool Table, Kalendersprüche an den bunten Wänden, aufgesägte Autos als Sitznische. Schon nett und völlig ungezwungen. Nur junge Leute als Personal - die kann man halt billig einstellen. Die restliche Zeit wartete ich in deren Bar. Dort kann man sich vollfressen, volllaufen lassen und nebenbei noch ins Wasser hüpfen. Geil.
Das mit dem volllaufen lassen und reinhüpfen haben auch prompt zwei Typen gemacht. Die waren irgendwie unangenehm und eklig. Um ein Uhr Nachmittags. Naja, Touristen halt. Ich mach sowas erst nach Sonnenuntergang. 🙂
Im Boot war es dann picke-packe voll. Ein paar Deutsche, ein paar Amis, ein paar Angestellte vom Red Frog Beach Resort. Vom Anleger auf Isla Bastimentos musste man dann noch 10 Minuten zu Fuß zum Selina Red Frog. Das liegt ein paar Minuten vom Strand entfernt mitten im Urwald. Dort dann wieder Chaos: ich konnte nicht bezahlen. Karte ging nicht und deren komischer online Bezahldienst Tilopay wollte die auch nicht. Bargeld hatte ich nicht genug auf Tasche. Aber sie ganz locker "lass mal warten, vielleicht geht das ja noch durch". Ok, Roger Roger.
Was ich erst am Abend erfahren habe: die machen den kompletten Laden dicht, weil er am 23.12. den Besitzer wechselt! Das ganze Personal - alles total junge Leute - prompt arbeitslos. Und größtenteils wohnten die auch dort. Ergo: prompt obdachlos. Wenn ich das richtig mitgekriegt habe - 1000 Gerüchte kursierten -, wurde das auch erst am 20.12. angekündigt. Auch die Leute, die für noch länger als bis Montag gebucht hatten, mussten sich auf die Schnelle was anderes suchen. Der Watschenbaum hat sich schon von ganz alleine geschüttelt. Aber es lief im Endeffekt ruhiger als erwartet.
Erwartet hatte ich, dass zum Beispiel am letzten Tag an der Bar einfach alles gratis ist. Warum soll man dem alten Arbeitgeber, der sowas abzieht auch noch Geld in die Kasse legen. Oder dass man einfach ein paar Gästezahlungen unter den Tisch fallen lässt. Ab in die eigene Tasche damit! Naja, das ist ja vielleicht auch passiert. Wer weiß. Vielleicht haben sie ja am Ende auch ein bisschen die Kassen geplündert. Verständlich wäre das schon.
Nochmal zum Regen: es gallerte teilweise stundenlang, eingentlich sogar tagelang. Nur als ich eine länge Wanderung zum Polo Beach gemacht habe, da war es ein paar Stunden trocken. Sonst regnete es immer stundenlang durch. Ich war echt froh, dass ich nur drei Tage dort war. Und wenn ich länger gebucht hätte, wär' ich eh rausgeflogen ... siehe oben. Eigentlich sollte Ende Dezember die Regenzeit schon erledigt sein. Tja, Pech gehabt. Das hat ziemlich schnell genervt, mit der Gallerei.
Die Red Frogs (deutsch: Erdbeerfröschchen) sind so ungefähr zwei Zentimeter klein und weil sie bestimmte Ameisen fressen, haben sie ein Hautgift, das zu Krämpfen und Lähmungen führen kann. Ein paar davon hab ich entdecken können:
Die Wanderung zum Polo Beach war echt gut. Total geniale Strandabschnitte, kleine Inseln voll mit Palmen, Bananenhaine und Ansammlungen von Bambus, die beeindruckend groß waren. Dann kommt noch ein Seeadler oder sowas großes vorbeigeschneit. Nature at its best.
Was ich auch echt faszinierend finde ist, dass das hier wirklich echtes Piratengebiet war. Hier sind die angelandet. Hier in Panama und natürlich in der ganzen Karibik. Vielleicht auch am Erdbeerfröschli-Beach. Warum auch nicht? Hier gibt's Holz, Süßwasser, Früchte und Kokosnüsse, festen Boden unter den Füßen, Blattwerk zum Hintern abwischen, Malaria, Dengue und andere brauchbare Sachen. Nur das mit den Strandbars, das war damals noch nicht so en vogue.
So wie Störtebecker um 1400 rum die Nord- und Ostsee unsicher gemacht hat.
Henry Morgan hat 1671 das Dorf Panama City überfallen. Und es gibt noch eine Insel in der Bucht vor Panama City, wo stark vermutet wird, dass dort noch ein echter Piratenschatz vergraben ist. Irgendwie kommen mir jetzt diese ganzen Piratenfilme viel echter vor. Die sind natürlich auch romantisch verklärt - das muss 'ne üble Zeit gewesen sein. Ich muss mal in meinem Buch "The Boundless Sea" zum Freibeuterkapitel vorblättern. Aber das liegt zuhause. Ein Wälzer sondergleichen. Das englisch ist einigermaßen einfach, aber 800 Seiten Kleingedrucktes ... Puhh, ich komm da echt nicht voran mit.
Zwischen Red Frog und Polo Beach liegt übrigens der Playa Beach. Zu deutsch: Strand Strand 🙂 Und hier noch ein paar Bilders:
Und hier nochmal alle Videos alle hintereinander. Das sind diesmal nur drei Minuten all in all.
Und hier wieder die Danach-beim-aufschreiben-Nachdenk-Gedanken nach einer halben Flasche Rotwein:
Bezahlen konnte ich die Unterkunft dann doch noch. Mit einer anderen Karte, die ich zwar nicht dabei hatte, deren Daten aber in meinem Passwort-Safe waren.
Ich kann mich nicht erinnern, wie das damals auf Rucksackreise war. 1998 in Indoschlesien oder auch 2001, ein halbes Jahr in Madrid, "Studentenaustausch" (aber minus Austausch). Ohne "Ich zahl mit dem Phone, ne?" oder ohne Vorbuchen bei booking.com. Sondern mit "Wo is'n hier der nächste Geldautomat?" oder noch besser: "Haste mal 'ne Bank, ich muss diese Traveler Cheques einlösen."
Ohne andere Empfehlungen als die von anderen Verrückten oder aus den Reiseführerbüchern von Loose und Lonely Planet war da eigentlich nix zu machen. Das waren die einzigen Referenzen. Und dann gab es davor wohl eine Zeit, in der es nichtmal das gab. Wie, wie, wie soll das gehen?!? Lösungsidee Nummer eins: einfach in deinem Dorf bleiben.
Und nach Hause telefonieren - ein Alptraum und auch echt nur planvoll, alle paar Tage vielleicht. Oder eben gar nicht. Zwei Wochen Fuerte, warum soll man da eine Nachricht nach Hause schicken wollen? Man war nunmal weg. Ein paar Postkarten, ok, vielleicht. "Das Wetter liegt bei 30 Grad im Schatten. Das Essen bei 30 Grad in der Sonne. Bis gleich!" Aber alles andere konnte man doch hinterher berichten.
Und die Postkarten kamen sowieso erst an, wenn man schon wieder zurück war. "Bis gleich" eben. Wahnsinn aus heutiger Sicht. Ein Wunder, wie wir eine Fahrt in den Harz überlebt haben! Ohne Kontakt.
In der Wirklichkeit war das schon echt nervig, wenn man irgendwo ankam und erstmal losstiefeln musste, um eine Unterkunft klarzumachen. Zwar: es hat immer auf die eine oder andere Weise geklappt ... aber im Rückblick: ... romantisch verklärt.
Update (ein paar Tage später): Ich erinnere mich gerade, dass wir 1998 E-Mails nach hause geschrieben haben. Stichwort: Internet Café. Aber ich glaube nicht, dass wir schon nach Unterkünften oder Reisetipps suchen konnten.
Naja was soll's, der Blog hier ... ich habe für mich festgestellt, dass er ein Piratenschatz ist. Für mich. Mehr als ein Notizbuch. Meine alten Texte zu lesen ist Gold. Für mich. Die Erinnerungen verblassen nunmal. Blog to the rescue. Und deshalb schreibe ich das hier. Auch für dich. Aber in erster Linie: Für mich.